Eine Spende als Mahnung an die Vergangenheit


Das ehemalige Lazarett in Heiligenhafen, in dem Heinrich Koch das Kriegsende erlebte. Foto: Privat

Ursula Lenkenhoff hat im Februar über 1.000 Euro an den Verein „Backup-Comeback“ gespendet. Damit wollte sie ein Zeichen in Erinnerung an ihren kürzlich verstorbenen Vater, Heinrich Koch, Jahrgang 1927, setzen.

Heinrich Kochs Leben war vom Krieg und den Folgen des Nationalsozialismus geprägt; kurz nachdem er mit 17 Jahren in die Wehrmacht eingezogen worden war, überlebte er nur knapp einen Bombenangriff und erlitt an der Front schließlich Verletzungen, die ihn bis zum Kriegsende in ein Lazarett in Heiligenhafen brachten.

Die Schrecken des Krieges und der Verlust nahestehender Menschen belasteten ihn so sehr, dass er jahrzehntelang schwieg. Ursula Lenkenhoff und ihre Geschwister ahnten lange nichts von den Erlebnissen ihres Vaters.

Erst in den letzten Jahren seines Lebens, als die Bilder des Ukraine-Kriegs nach Deutschland durchdrangen und sich Berichte über rechtsextreme Gewalttaten häuften, kehrten die Erinnerungen zurück. „Ich verstehe die Welt nicht mehr… Das hatten wir doch schon ‚alles’ … „Warum lernen die Menschen nicht?“, sagte er immer wieder zu seiner Tochter.

Ursula Lenkenhoff, die vor der Rente selbst im sozialen Bereich tätig war, wollte daher nach dem Tod ihres Vaters ein klares Zeichen setzen. Ihre Spende von 1.045 Euro an BackUp-ComeBack e.V. soll dazu beitragen, Betroffenen rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt in Westfalen die benötigte Beratung und Unterstützung zu bieten. Aus der Vergangenheit zu lernen, bedeutet für sie, wachsam zu sein. Daher warnt sie: „Passt auf! Gerade vor Rechts!“

Verein und U-Turn bei Diskussion zur „Mitte“-Studie


Foto: BackUp-ComeBack e.V.

Gestern Abend haben die Quartiersdemokraten in Kooperation mit der Friedrich-Ebert-Stiftung eine Podiums-Diskussion zur „Mitte“-Studie im Westfälischen Industrieklub in Dortmund veranstaltet.

Die „Mitte“-Studie zeigt jedes Jahr wieder, wie zum Teil stark demokratiefeindliche Positionen in weiten Teilen der Gesellschaft vertreten werden. Nicht zuletzt schlägt sich dies auch in erschreckend hohen Zustimmungswerten der AfD nieder. Umso wichtiger, diese Entwicklungen gemeinsam mit Vertreter*innen aus Politik und Zivilgesellschaft zu diskutieren.

Wir waren gestern mit einem Stand vor Ort und haben den Gästen der Veranstaltung gezeigt, was der Verein und die Präventionsstelle U-Turn dafür tun, unsere Gesellschaft im Umgang mit rassistischen und rechtsextremen Tendenzen zu stärken. Dabei konnten wir zwei neue Mitglieder für den Verein gewinnen.

 

Statement: #niewiederistjetzt


Foto: BackUp-ComeBack e.V.
Seit den Enthüllungen des Recherche-Netzwerks Correctiv haben in Deutschland Hunderttausende Menschen gegen die AfD und deren Deportationspläne demonstriert.
Diese Demonstrationen sind Ausdruck der Betroffenheit vieler Demokrat*innen im Land, bergen aber auch das Risiko, in ihrem oftmals symbolhaften Charakter eine nachhaltige Wirkung zu verfehlen.
Denn auch wenn, laut Umfragen, viele der Demonstrierenden auf eine nachhaltige politische Bewegung aus den Protesten hoffen, werden mitunter die Perspektiven der von den rassistischen Plänen Betroffenen auf den Demonstrationen oft vernachlässigt.
Für BackUp ComeBack e. V. bedeutet #niewiederistjetzt an der Seite derer zu stehen, die von Rassismus, Antisemitismus und anderer Menschenfeindlichkeit betroffen sind. Nicht nur auf Demonstrationen, sondern auch im alltäglichen Leben Widerspruch zu äußern und sich aktiv einzumischen, wenn man Diskriminierung und Übergriffe beobachtet.
Auch benötigen die aktive Zivilgesellschaft und die zahlreichen Projekte der Demokratieentwicklung, Beratung und Aufklärung im Bereich Rechtsextremismus und Rassismus gerade jetzt den Rückhalt und die Unterstützung einer demokratischen Gesellschaft.
#niewiederistjetzt muss also auch bedeuten, dass Bund und Länder endlich die Voraussetzungen für die langfristige Absicherung und Finanzierung dieser Projekte schaffen.

 

#stoprepeatingstories: Stellung beziehen gegen Antisemitismus

Screenshot der Kampagne #stoprepeatingstories

Seit dem Terroranschlag der Hamas am 7. Oktober in Israel sind die Zahlen antisemitischer Angriffe auf jüdische Personen Deutschland auf einen neuen Höchststand gestiegen. Dabei können der Weg zur Arbeit, die Schule oder die Universität schnell zum Tatort werden.

Es bedarf unser aller Aufmerksamkeit und Solidarität mit den Betroffenen antisemitischer Übergriffe. Das bedeutet auch, im Alltag Stellung zu beziehen und sich aktiv an die Seite der Betroffenen zu stellen.

Mit der Kampagne #stoprepeatingstories möchte der Zentralrat der Juden in Deutschland genau dafür aufrufen. Wer antisemitische Übergriffe beobachtet, sollte diese dokumentieren und an Melde- und Beratungsstellen wie RIAS oder OFEK melden. Auch BackUp berät Betroffene antisemitischer Gewalttaten und führt eine Rubrik zu antisemtischen Gewalttaten im gemeinsamen Monitoring mit der Opferberatung Rheinland.

 

Vereinsmitglieder nehmen an Entzündung der ersten Chanukka-Kerze in Dortmund teil

Vorstandsmitglied Heike Sternemann, Verwaltungsleitung Kerstin Pischkowski und der Vorstandsvorsitzende der Jüdischen Kultusgemeinde Dortmund Swi Rappoport. Foto: BackUp-ComeBack e.V.

Wie an vielen Orten in Deutschland entzündet auch die jüdische Gemeinde Dortmund die Chanukka-Lichter im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung. Einige Vereinsmitglieder, darunter auch unser Vorstandsmitglied Heike Sternemann und unsere Verwaltungsleitung Kerstin Pischkowski, haben in diesem Jahr an der Entzündung des ersten Lichtes teilgenommen. Die Nordstadtblogger haben die Veranstaltung ebenfalls begleitet und lassen in dem Artikel Stimmen aus der jüdischen Gemeinde Dortmund zur aktuellen Situation zu Wort kommen.

Erneute Zunahme rechter Gewalt in NRW – Jahresbilanz rechter Angriffe 2022

Gemeinsame Pressemitteilung der Fachberatungsstellen für Betroffene von rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt (Stand: 8. Mai 2023)

Die Fachberatungsstellen für Betroffene von rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt in NRW verzeichnen erneut eine Zunahme rechter Angriffe. Insgesamt erfassten OBR und BackUp 371 Fälle rechter Gewalt mit mindestens 501 direkt betroffenen Personen. Zahlreiche darüber hinaus ermittelte Verdachtsfälle konnten aufgrund fehlender Informationen nicht in die Statistik mit einfließen. Die diese noch übersteigende Dunkelziffer rechtsmotivierter Gewalt schätzen die Fachberatungsstellen als sehr hoch ein.

Körperverletzungsdelikte weiter auf Höchststand – Ausmaß von Gewalt alarmierend

Für das Jahr 2021 registrierten OBR und Backup insgesamt 158 Körperverletzungsdelikte (eine versuchte Tötung, 69 gefährliche Körperverletzungen, 88 einfache Körperverletzungen). Im Jahr 2022 sind diese bereits alarmierenden Zahlen erneut gestiegen: Insgesamt erfassten die Fachberatungsstellen 205 Körperverletzungsdelikte. Dabei handelt es sich um drei versuchte Tötungen/schwere Körperverletzungen, 74 gefährliche und 128 einfache Körperverletzungen.

„Der vereitelte rechtsterroristische Anschlag auf das Don-Bosco Gymnasium und die Realschule Borbecker Schloss in Essen, die Schüsse auf das frühere Rabbinerhaus an der alten Synagoge in Essen, der Molotow-Cocktail-Angriff auf die Hildegardis-Schule in Bochum in derselben Nacht, der geplante Brandanschlag auf die Synagoge in Dortmund – diese Fällen zeigen die mörderische Dimension rechter Ideologie. Sie zeigen eine reale Gefahr auf – und haben damit das Potential, das Sicherheitsempfinden und die Sicherheit ganzer Gruppen und Gemeinden massiv zu schädigen.“
(Magdalena Lentsch, BackUp)

Rassismus weiterhin häufigstes Tatmotiv – Angriffe auf politische Gegnerinnen nehmen wieder zu

Wie bereits in den Vorjahren bleibt Rassismus in der Auswertung von OBR und BackUp das am häufigsten festgestellte Tatmotiv. Die Fachberatungsstellen weisen nachdrücklich darauf hin: Rassismus muss als gesamtgesellschaftliches Problem anerkannt werden. Rassistische Angriffe werden keinesfalls nur durch organisierte Täterinnen verübt sondern sind schmerzhafte Alltagsrealität von betroffenen Personen.

Die Zahl der Angriffe gegen politische Gegnerinnen (bzw. Menschen, die als solche gelesen werden), hat seit 2019 erstmalig wieder zugenommen. Betroffene Personen wurden dabei häufig Opfer von Bedrohungen und/oder Nötigungen seitens der organisierten Rechten. In mehreren Fällen sind wiederholte Bedrohungen bekannt.

„Bedrohungen im Wohnumfeld oder die Androhung von Gewalt führen zum Verlust von sicheren Rückzugsräumen für Betroffene. Dabei handelt es sich um organisierte Strategien, Betroffene und ihre Stimmen aus dem gesellschaftlichen Diskurs zu verdrängen. Um rechter Gewalt und menschenverachtenden Einstellungen wirksam zu begegnen, braucht es Solidarisierungsprozesse durch Zivilgesellschaft und politische Verantwortungsträgerinnen. Die Stimmen der Betroffenen müssen stärker Gehör finden.“
(Fabian Reeker, Leitung der Opferberatung Rheinland)

Kritik an mangelnder Anerkennung rechter Tatmotivation

Die Fachberatungsstellen werten die Tötung von Malte C. am 27.08.2022 auf dem CSD in Münster als queerfeindlich motiviert und stellen sich parteilich und solidarisch hinter Akteur*innen der LGBTIQA+ Community. OBR und BackUp kritisieren insgesamt die mangelnde Anerkennung rechter Tatmotivation seitens Ermittlungs- und Justizbehörden. Rechte Gewalt, ihr Ausmaß sowie ihre Folgen für Betroffene werden damit unsichtbar gemacht und verharmlost.

„Nach wie vor beobachten wir, dass längst nicht alle Facetten menschenfeindlicher Einstellungen Eingang in die Praxis der Ermittlungsbehörden finden. Die Erfassung von Hasskriminalität muss weiter geschärft und konsequent angewandt werden, um realistischere Lagebilder rechter Gewalt abbilden zu können.“
(Niklas Weitekamp, Opferberatung Rheinland)

 

 

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